Übersetzungen

Gedichte und Texte von Werner Weimar-Mazur, die übersetzt wurden.

F R A N Z Ö S I S C H

 

médéen

pour Bela et ses pommiers

tes ancêtres venaient du caucase
terres inconnues à bêtes sauvages
et habitants aux rudes coutumes
tu venais de la mer noire
suivais un traîne-misère de séducteur
l’aidais à barboter dérober
devins de son fait meurtrière
[c’était une autre voulaient nous faire accroire ses descendants]
il t’a laissée tomber
en retour pas un merci
oh si tu avais conservé pour toi la toison d’or
l’avais cachée dans la maison de ton grand-père
dans le buron perdu
juste derrière le col sous les glaciers
où les troupeaux de chèvres et les bergers connaissent seuls le chemin
où les sonneurs de cromornes rivalisent de souffle avec le vent
où les filles lorgnent timides par les fenêtres des huttes
quand passe à cheval un prince étranger
à la recherche d’un vieux secret
où la poétesse chante les roches
le fleuve la mer où s’écoule le fleuve
les poissons qui ne reviennent pas
quand ils ont rencontré la baleine argentée
avec sa lippe-lune
aussi grande et belle que le ciel
au-dessus de la lucarne du château rocheux
tu pourrais être étendue dans un caftan multicolore
au début de l’été sous un tilleul
ton amant embrasserait ton corps de miel
le sang des cerises se mêlerait au tien
oh si tu lui avais au traîne-misère de séducteur
planté dans le cœur la lame à tranchant double des montagnards
la mer noire son sang l’aurait encore assombrie davantage
[mais nul poète pour cela ne t’aurait chantée]

(c 2020 übersetzt ins Französische von Lionel-Édouard Martin, Montmorillon)

https://lionel-edouard-martin.net/2020/10/27/werner-weimar-mazur-ne-en-1955-medeen-medeal/

medeal

für Bela und ihre Apfelbäume

aus dem kaukasus kamen deine vorfahren
unbekannte gegenden mit wilden tieren
und menschen mit harten bräuchen
vom schwarzen meer kamst du
folgtest einem elenden verführer
halfst ihm stehlen und rauben
wurdest durch ihn zur mörderin
[wollten uns seine nachfahren mit einer anderen weismachen]
fallen ließ er dich
du erhieltest keinen dank
ach hättest du das goldene widderfell für dich behalten
es versteckt in deines großvaters haus
im entlegenen gebirgsstall
gleich hinter der passhöhe unter den gletschern
wo nur die ziegenherden und hirten den weg kennen
wo die krummhörner mit dem wind um die wette blasen
wo die mädchen scheu aus den fenstern der hütten lugen
wenn ein fremder prinz vorüber reitet
auf der suche nach einem alten geheimnis
wo die dichterin die felsen besingt
den fluss das meer in den der fluss fließt
die fische die nicht zurückkehren
wenn sie den silbernen wal getroffen haben
mit seinem mondmund
der so groß und schön ist wie der himmel
über der dachluke der felsenburg
in einem bunten kaftan könntest du liegen
im frühsommer unter einer linde
dein geliebter küsste dir den honig vom leib
das blut der kirschen mischte sich mit deinem
ach hättest du dem elenden verführer
die doppelklinge der bergbewohner ins herz gestoßen
das schwarze meer wäre noch dunkler geworden von seinem blut
[doch kein dichter hätte dich dafür besungen]

(in fixpoetry.com als Text des Tages 19.11.2018
und in
Dichtungsring Nr. 54, 2018, Zeitschrift für Literatur, Dichtungsring e.V., Bonn)

U K R A I N I S C H

 

сонми скла

на межі шкіри вдихаю колишнє
життя яке я вже майже забув
між першими зморшками бавляться діти
у хованки і лапанки як це буває
коли басейни зачинено
а пообіддя розтрачено
на колекціонування каштанів
а ще я вдихаю тебе
в якомусь іншому
житті

ми бавимося у хованки і лапанки
басейни вже так давно
зачинені
продавець каштанів підраховує свої
надходження
а ми плентаємося
крізь ночі мов кочівники

у світлі вуличного ліхтарика
пробачаємо сніг зимі

(c 2018, übersetzt ins Ukrainische von Marta Mokhnatska, Lwiw)

anhäufungen von glas

an den rändern der haut atme ich früheres
leben das ich schon fast vergessen hatte
zwischen den ersten falten spielen kinder
verstecken und fangen und wie es ist
wenn die schwimmbäder schließen
und die nachmittage vertrödelt werden
mit kastaniensammeln
auch dich atme ich
in einem anderen
leben

spielen wir verstecken und fangen
die schwimmbäder sind lange schon geschlossen
der kastanienverkäufer zählt seine einnahmen
und wir irren
durch die nächte wie nomaden

im licht der straßenlaterne
verzeihen wir dem winter den schnee

(in herzecho.lyrische sonogramme)

I T A L I E N I S C H

 

Talvolta le poesie sono

come foglie morte
che cadono sull'erba umida
talvolta sono come neve
che si scioglie sui monti
una corrente nel fiume
una strada verso il mare
le poesie possono morire
piangere
oppure ridere
talvolta hanno il vigore
di una donna
o la leggerezza
di una farfalla
le poesie non chiedono
di essere amate
talvolta le poesie sono
gelose
della vita

talvolta no.

(c 2002, übersetzt ins Italienische von Myriam Eröss al. Emiliana de Fortis, Trento)

Manchmal sind Gedichte

wie welke blätter
die in nasses gras fallen
manchmal wie schnee
der auf den bergen taut
eine flut im fluss
auf dem wege zum meer
gedichte können sterben
weinen
auch lachen
manchmal haben sie die kraft
einer frau
oder das gewicht
eines schmetterlings
gedichte fragen nicht
ob sie geliebt werden
manchmal sind gedichte
eifersüchtig
auf das leben

manchmal nicht.

(in Tauch ein - Gedichte 1970-1994)

Il gioco del tempo

I giorni cadono come castagne
come parole pesanti nelle poesie
come cade il silenzio
in una stanza vuota.

(c 2002, übersetzt ins Italienische von Myriam Eröss al. Emiliana de Fortis, Trento)

Das Spiel von Zeit

die tage fallen wie kastanien
wie schwere worte in gedichten
wie stille fällt
in einen leeren raum

(in Tauch ein - Gedichte 1970-1994)

Immergiti

nel fiume,
e nuota su fino alle montagne,
immergiti,
e lasciati trascinare
giù
fino al mare.
Raccontami dei pesci,
quando mi passerai
di nuovo accanto!
No,
è meglio se taci.

(c 2002, übersetzt ins Italienische von Myriam Eröss al. Emiliana de Fortis, Trento)

Tauch ein

in den Fluß
und schwimm hinauf ins Gebirge,
tauch ein,
und lass Dich treiben
hinab
ins Meer.
Erzähl mir von den Fischen,
wenn Du wieder an mir vorüberkommst!
Nein,
besser schweig.

(unveröffentlicht)

© 2024 Werner Weimar-Mazur